Stabilitätspakt – Reform muss Vertrauen wiederherstellen

Die Krise der Währungsunion ist nicht nur, aber vor allem eine Staatsschuldenkrise. Reformen müssen daher vor allem dort ansetzen“, betont Bernd Brabänder, Chefvolkswirt des Bankenverbandes, bei der Vorstellung der Analyse „Währungsunion 2.0 – Reformen für mehr Stabilität in der Währungsunion“, die im Ausschuss für Wirtschafts- und Währungspolitik des Verbandes erarbeitet worden ist.

Die Entwicklung der vergangenen Monate habe gezeigt, dass Staatsverschuldung zwar unproblematisch sei, solange die Gläubiger den staatlichen Schuldnern Kreditwürdigkeit attestierten. Gefährlich könne es werden, wenn die Risikoscheu in Zeiten volatiler Märkte sprunghaft anstiege und die steigenden Refinanzierungskosten eine Verschuldungsspirale in Gang setzten. Die Vehemenz dieser Marktreaktionen sei unterschätzt worden. Übertreibungen auf Märkten seien dann nicht auszuschließen. „Das Argument, Märkte neigten generell zu Übertreibungen und beförderten die Blasenbildung, vertauscht aber Ursache und Wirkung. Mit ihren Anlageentscheidungen tragen Investoren auf der Basis ihrer Zukunftserwartungen zu einer effizienten Preisbildung bei. Damit sind sie regelmäßig nicht Verursacher von Krisen, sondern in erster Linie Warnmelder“, so Brabänder.

Die Hauptursache der Fehlentwicklungen sehen die Chefvolkswirte der Banken darin, dass das Gleichgewicht aus Steuereinnahmen, Ausgaben, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in einigen Ländern aus dem Lot geraten sei. Die mangelnde Ahndung faktischer Verstöße gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt habe dies begünstigt. „Der Pakt braucht institutionelle Reformen. Sanktionsautomatismen sind das A und O“, betont Brabänder. „Auch die Sanktionspalette muss verfeinert werden, um flexibel auf stabilitätspolitisches Fehlverhalten reagieren zu können. Zu grobe Instrumente wirken am Ende nicht abschreckend, da die Wahrscheinlichkeit, dass sie eingesetzt werden, gering ist.“ Um Haushaltsschieflagen im Vorfeld zu vermeiden, müsste der jeweilige Haushaltsvollzug eng überwacht werden, und es sollen in allen EU-Ländern Schuldenbremsen eingeführt werden. Der deutsch-französische Vorstoß vom Juli und die jüngsten EZB-Vorschläge griffen viele richtige und notwendige Reformen auf. Stabilitätspolitisch wäre es höchst kontraproduktiv, wenn es zwischen Europäischem Rat, Parlament und Kommission zu keiner Einigung in diesem Sinne käme.

Die Wirtschaftskraft eines Landes gebe den Spielraum für tragfähige Staatsfinanzen vor. Daher seien begleitende Reformen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Schuldnerländer ebenso alternativlos. Alle Maßnahmen müssten darauf abzielen, verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen. „Der Verzicht auf überkommene Strukturen, eine Steigerung der Effizienz der Verwaltung, um ein wachstumsfreundliches Umfeld zu schaffen, eine moderate Lohnpolitik und flexible Arbeitsmärkte sowie stabile Sozialsysteme und ein wachstumsfreundliches Steuersystem stehen auf der Aufgabenliste“, unterstreicht Brabänder. Der Katalog erinnere nicht ohne Grund an die zum Teil schmerzhafte, aber letztlich erfolgreiche Politik zur Stärkung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit Anfang des Jahrzehnts. Auch Reformen in anderen Ländern – etwa in Schweden und Belgien in den 1990er Jahre – belegten, dass eine Umsetzung auch in relativ kurzer Zeit machbar sei.

Quelle: Bundesverband Deutscher Banken